Wenn doch die Deutschen das Verb so weit nach vorn zögen, »that one it without a telescope discover can!«
Angeblich von Mark Twain Tweet
Warum nur müssen deutsche Sätze manchmal so schwer verständlich sein?
Du liest einen Satz – und plötzlich weißt du nicht mehr, wer eigentlich handelt. Oder du wartest ewig auf das Verb.
Genau das passiert bei sogenannten Klemmkonstruktionen: Das Verb taucht viel zu spät auf.
In diesem Beitrag erfährst du, wie du sie erkennst und vermeidest.
Problem 1: Unklare Handlung – Wer tut was?
Hier also der Satz, um den es geht.
Das hatte auch die amerikanische Kunsthistorikerin und Kuratorin Sarah Bancroft getan, die Gabriel ins Gefolge von Zizi al-Bakari, des saudisch-arabischen Finanziers von Terroristen, und Iwan Charkow, des liebsten Waffenhändlers des Kremls, eingeschleust hatte.
aus: »Die Attentäterin« von Daniel Silva Tweet
Wenn du ehrlich bist: Diesen Satz kann man nicht verstehen.
Obwohl er einfache Worte benutzt und sie in gefälliger Reihung aneinander bindet, bleibt der Sinn, nun ja, zumindest unklar.
❓Frage: Wer hat hier wen eingeschleust: Sarah Bancroft den Gabriel? Oder Gabriel die Sarah Bancroft?
Warum das Verständnis leidet
Wir erkennen nicht, wer handelt, Gabriel oder Sarah. In der Sprache der Grammatik: Das Subjekt des Satzes, die handelnde Person, ist nicht eindeutig. Es gibt eine Vermutung, eine naheliegende zwar, aber keine Sicherheit, kein Wissen.
Hier kommt, was ich jedem meiner Lektoratskunden ans Herz lege:
Wer Leser gewinnen will, muss nur zwei Regeln beachten: Rätsel vermeiden – Herzen erobern.
jofl Tweet
Problem 2: Das verzögerte Verb – wer tut was?
Und jetzt also zu Mark Twain.
Der amerikanische Schriftsteller (1835 bis 1910) kannte die deutsche Sprache so gut, dass er in einem Aufsatz Spott über sie gießen konnte. Noch einmal der Satz aus dem Buch:
Das hatte auch die amerikanische Kunsthistorikerin und Kuratorin Sarah Bancroft getan, die Gabriel …
… und ab nun fragt sich der Leser, was Sarah (oder Gabriel?) wohl getan hatte? Er fragt sich das neunzehn Wörter lang, dann erfährt er es: eingeschleust.
Auf dem Weg zum Verb (44 Silben!) stolpert der Leser über zwei ungewöhnliche Namen und deren komplexe Beschreibungen – eine echte Herausforderung!
Das, ich sag’s euch, überfordert jeden Leser, selbst den gewieftesten, den erfahrensten!
🔘 Unklares Subjekt Der Leser weiß nicht, wer handelt.
🔘 Späte Aufklärung Der Leser erfährt spät, was passiert.
Drei einfache Methoden für verständlicheren Satzbau
Zugegeben, es ist nicht immer einfach! Klemmkonstruktionen liegen im Setzkasten der Sprache wie Sahnebaiser in der Auslage: verführerisch, doch zu viele von ihnen verderben den Magen, sprich die Leselust, denn sie erschweren – ganz ohne Not –das Verständnis.
Ganz ohne Not? Kann man also etwas dagegen unternehmen? Und wie!
📌 Zertrümmern Aus einem langen Satz mehrere kürzere Sätze bilden. (»Auch Gabriel tat es: Er schleuste die Kunsthistorikerin Sarah Bancroft ein.«)
📌 Umformulieren
📌 Umbauen Die deutsche Sprache ist hoch flexibel; innerhalb vernünftiger Grenzen lassen sich die Satzbestandteile beinahe beliebig anordnen. Hier ein Beispiel: ein extrem simpler, aber schwer verständlicher Satz gewinnt Klarheit.