Ums Haar wäre ich in die Falle getappt! Ernst Fuchs, derzeit Chefredakteur der Passauer Neuen Presse, hat einen Satz geschrieben, dessen Konstruktion ich für falsch hielt und den ich hier aufspießen wollte. Daraus wird nichts, denn Fuchs hat recht! Er kennt den Unterschied zwischen verbieten und verbitten – und ich stehe nun vor der Aufgabe, jenem Unterschied auf den Grund zu gehen.
Der Kommentar der PNP heißt Standpunkt
Am Samstag, 16. Februar 2013, schreibt der PNP-Chef in seinem „Standpunkt“ über die Studiengebühren:
„Deshalb verbittet sich Känguru-Politik, nämlich einen größeren Sprung zu machen, als ihn das Geld im Beutel wirklich hergibt.“
Fuchs kommentiert ein wenig unklar und nicht eben mit beispielhafter Eleganz, man weiß nicht so recht, was er eigentlich meint, aber darum soll es hier nicht gehen; hier interessieren ausschließlich das Wort verbittet und die Frage, warum es denn nicht verbieten heißt? Erklärung folgt …
Zwischen Form und Wirkung
Verbieten – ein starkes Verb in sowohl grammatikalischer wie auch in lautmalerischer Hinsicht. Es bedeutet, etwas für nicht erlaubt zu erklären, in einfachen Worten: „Du darfst nicht!“ Das Substantiv zu verbieten lautet Verbot.
Nicht nur meinem Kind oder Hund oder Nachbarn kann ich etwas verbieten, auch mir selbst gegenüber kann ich ein Verbot aussprechen: „Ich darf heute nicht zu spät kommen!“ Hier überschneidet sich die reflexive Funktion des Verbs verbieten mit der Bedeutung des Verbs verbitten.
Verbitten – ebenso ein in sowohl grammatikalischer wie auch in lautmalerischer Hinsicht starkes Wort. Verbitten bedeutet aber nicht das Verbot, sondern steigt eine Stufe weiter unten ein: Verbitten ist erst einmal die Aufforderung an jemand anderen, etwas zu unterlassen, und sie wird meist in einem reflexiven Sinne verwendet: „Ich verbitte mir diesen Ton!“, sagen wir, wenn wir ausdrücken wollen, dass wir zu vornehm sind, dem Gegenüber für seine Beleidigung eine Watsch’n einzuschenken.
Besonders schön lässt sich das Verb verbitten auch dann einsetzen, wenn wir ahnen, uns mit einem Verbot lächerlich zu machen. „Ich verbiete dir zu rauchen, mein Sohn!“ Das kann ich maximal in meiner Gegenwart durchsetzen, sobald ich mich umdrehe, zündet er sich die Kippe an, und ich habe mit meinem Verbot Hilflosigkeit demonstriert. Die Alternative: „Ich verbitte mir, dass du in meiner Gegenwart rauchst!“, klingt wütend, stellt aber klar, wo die eigene Grenze verläuft.
Wenn Fuchs also davon spricht, dass sich eine Känguru-Politik verbitte, dann liegt er formal richtig; stärker aber wäre das Verb verbieten – zumal als „Standpunkt“, wie die Kolumne heißt, an der Fuchs über die Studiengebühren urteilt. Denn Verbieten, Verbot sind Standpunkt – sich verbitten aber ist höfisches, höfliches Stammeln in der Erkenntnis, doch nichts zu erreichen.
Mehr Zweifelsfälle
In meinem Blog findest du noch mehr Beispiele zu Wörtern, die gerne verwechselt werden.
Mehr aus meiner Rubrik Was gerne einmal falsch gemacht wird.
Viel Spaß – und eine gute Zeit!
Nachtrag
Meine liebe Kollegin Eva Finkenstädt aus Marburg hat mir auf Facebook Ihre Einwände geschrieben, vielen Dank, Eva.
Eva gibt auf Facebook folgendes zu bedenken: „Aber es kann doch nichts sich selbst verbitten, auch nicht eine Politik.“ Vielleicht drückt Eva genau das aus, was mir beim Lesen des Fuchs-Standpunkts Bauchgrummeln bereitet hat. Sobald ich mehr weiß, schreibe ich es hier. Bis dahin: viel Spaß – und eine gute Zeit!
Mehr aus meiner Rubrik Was gerne einmal falsch gemacht wird.